Ramadan 2020
3. Mai 2020
& die Tage werden länger und wärmer

Da draußen wütet immer noch ein Virus, für dass es keine Medizin gibt, doch für jeden einzelnen geht das Leben dennoch weiter. Und Schritt für Schritt gehen Kinder wieder in die Schule, Notbetreuungen in Kitas werden ausgedehnt und so langsam kehrt in unserem Land wieder Normalität ein. Jetzt ist es an der Zeit, einen Schuldigen zu finden, irgendjemandem muss man doch die Schuld an all dem Chaos geben können. Die Chinesen? Die da drüben ja eh nur "Müll" essen? Die chinesische Regierung? Die all diese komischen Tiermärkte gestattet? Oder doch Ischgl? Die trotz der nahen Gefahr ihr Geschäft am Laufen ließ und sich somit viele Menschen infiziert haben? Forscher sind sich sicher, dass solch eine Pandemie noch öfters passieren wird. Ich erinnere mich daran, als wir kurz vor dem Shut-Down im Disneyland standen und keiner ahnte so wirklich, was da noch alles auf uns zukommen würde. Wie denn auch? Zieht ein Gewitter auf, so weißt du, was geschieht. Doch diese unsichtbare, noch nie so erlebte Gefahr? Und dennoch gewöhnt der Mensch sich dran, auch wenn es nervt. Es ist irgendwie schon normal, mit Mundschutz einkaufen zu gehen. Es ist normal geworden, von zu Hause aus zu arbeiten und ja, auch ich habe mich dran gewöhnt, nicht mehr all die Arbeitszeit im Kindergarten zu verbringen. Es ist alles irgendwie wie im Sparmodus. Dennoch hasse ich diese Zeit dafür, dass ich meine Oma kurz vor ihrem Tod nicht mehr besuchen durfte, ich durfte nicht mal mehr ihre Hand streicheln, als wir wussten, es geht zu Ende. Das wird für immer eine bestimmte Art von Schmerzen sein, die nichts auf der Welt wieder gut machen kann. Doch die Welt steht nicht still, die Zeit schreitet weiter voran und so ist meine Oma nun schon über 1 Monat tot, ihr Grab wurde von uns liebevoll bepflanzt und es kommt mir wirklich zu Gute, dass ich in dieser schweren Zeit nicht wie gewöhnlich arbeiten musste, das geb ich ganz offen zu.
Abgelenkt haben wir uns vor allem dadurch, dass wir ein Projekt im Garten gestartet haben, nämlich unser ägyptisches Gartenhaus. Seit Jahren verfolge ich schon den Plan, das Haus meiner Oma (in dem wir ja auch die erster Zeit unsere Kindheit aufgewachsen sind) später einmal zu übernehmen. Ich habe damit gerechnet, dass es nicht mehr 5 Jahre dauern wird aber dass es doch so schnell ging, tut weh, ist aber nicht zu ändern und wir trösten uns damit, dass es meiner Oma jetzt wesentlich besser geht. Eine ihrer letzten wichtigen Fragen an Soltan und mich war, ob wir denn hier wohnen bleiben würden, in ihrem geliebten Haus und versprach ihr, dass wir es uns hier so schön machen werden, wie wir es können und unsere Kinder hier aufziehen werden. Ein großes Versprechen, aber für mich war das ja seit Jahren schon klar. Und während gerade die Kreditfähigkeit überprüft wird, renovieren wir so gut wir können schon mal drauf los.
Unser Projekt haben wir so spontan gestartet, weil ich die Pergola im Garten schon immer hässlich fand (sorry Oma & Opa) und ich schon vor vielen vielen Monaten mal aufgezeichnet hatte, was für eine coole Idee ich da für später habe. 2018 haben wir in Luxor schon einen Teppich und Deko gekauft und ich meinte zu meinem Mann: "Das ist mal für unser ägyptisches Gartenhaus." Und da aktuell keine Kindergeburtstage sind, nichts Eherenamtliches ansteht und Unternehmungen mit Freunden auch wegfallen, hab ich gesagt: "Lass das jetzt machen und bis zum Eid haben wir alles fertig." Denn ja, der neuste Plan ist es, das Gartenhaus bis zum Zuckerfest, also Ende vom Ramadan, fertig zu kriegen. Und nach dem Abriss war alles, was wir vorerst benötigten, Steine und eine große Menge Mauer- und Putzmörtel. Mittlerweile sind wir schon beim Streichen aber darüber wird es später noch einmal einen ausführlichen Beitrag geben inkl. einem neuen Youtube Video mit Ausschnitten aus meiner Instagram Story und Tipps und Tricks zum Mauern und Geld sparen.
Da sind wir nun auch schon beim eigentlichen Blog-Thema: Ramadan. Wie die meisten von euch wissen, ist Ramadan im Islam der heilige Monat. In diesem Monat ist Fastenzeit und die Muslime fasten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Ich habe dazu schon mal einen Beitrag geschrieben, den könnt ihr HIER
nachlesen.
Für Soltan gestaltet sich das Fasten sehr schwierig hier in Deutschland, denn zuvor in Ägypten hat er vielleicht eine kleine Pizza am Tag gegessen und maximal 2 Gläser Wasser getrunken. Darauf zu verzichten bis Abends fällt einem dann nicht so schnell, als wenn man sich an 3 feste Mahlzeiten und Trinken den ganzen Tag gewöhnt hat. Außerdem schreit hier ja so gar nichts nach Ramadan, außer meine kleine Lichterkette und die Papierdeko. Niemand macht mit, das ganze heilige Feeling ist gar nicht da. Umso mehr freue ich mich darauf, dass ich ihn mit dem Zuckerfest überraschen kann. Natürlich weiß er, dass die Familie kommt. Geplant waren eigentlich auch Freunde und Nachbarn aber dieses Jahr muss es dank Corona eben ein wenig dünner ausfallen. Er weiß allerdings nicht, dass ich neben den Sachen für unser Gartenhaus auch noch eine ganze Menge Ramadandeko besorgt habe und damit wird dann am Sonntag, 24.05.20, früh morgens alles dekoriert, wenn er noch schläft. Hach ja, das wird schön.
Wenn wir aktuell also nicht am Gartenhaus rumwerkeln, dann unternehmen wir lange Spaziergänge mit Balou in unserem schönen Wald. Die eine Route ist wie ein kleines Abenteuer, da wir über umgestürzte Bäume klettern müssen und es mal Berg ab und mal Berg auf geht. Morgen beginnt unsere Kita mit der Notbetreuung und laut unserem Boss vom DRK muss ich nicht arbeiten und er hat mir freigestellt, ob ich möchte oder nicht (weil ich Corona Risikogruppe bin). Ich bin jedoch der Meinung, dass es nicht fair wäre, wenn ich die anderen arbeiten lasse und mich zu Hause auf die Couch lümmel (obwohl ich das ja eh nie tu aber ihr wisst schon, was ich meine. Trotzdem werde ich mit Mundschutz arbeiten und mal schauen, wie das Ganze so funktioniert. Ich habe nicht wirklich Angst vor dem Virus aber ich glaube schon, dass mein Körper das nicht so leicht wegsteckt, weswegen ich einfach vorsichtig sein möchte.
Bevor ich mich gleich wieder ans Streichen mache, wollte ich aber noch einmal etwas loswerden, was all diejenigen betrifft, die über Wüstenwege auf meinen Blog finden. Letztens wurde mir in einer Facebook Gruppe von einer Frau äußerst freundlich berichtet, dass meine "Beratung" ihr so ganz und gar nicht weitergeholfen hätte und es mehr oder weniger unverschämt sei, dass Menschen wie ich ihre eigene Beziehung an hilflose Frauen verkaufen, nur um damit Profit zu machen.
Ich muss mich natürlich jetzt nicht für so etwas erklären, zudem ich davon überzeugt bin, alle die meinen Blog verfolgen haben einen relativ guten Eindruck von mir bekommen und wissen, dass ich die letzte bin, die eine hilflose Situation ausnutzt, aber ich fand das wirklich unglaublich frech und es wurmt mich auch immer noch ein bisschen. Ich will an dieser Stelle nicht darauf hinaus, dass die Einnahmen der Bücher die Ausgaben für diese Homepage hier decken, sondern darauf, dass ich selbstverständlich kein Liebes-Guru bin. Ich bin keine Lebensexpertin, keine Liebesberaterin und noch lange keine Ägypter-Expertin, die euch ganz genau sagen kann, wie euer Ägypter denn so tickt und ob er seine Worte ernst meint, ob es eine Zukunft gibt usw. Ich verstehe mich als Ansprechpartner, der zuhört. Als jemand Neutrales, der eure Situation versteht, der weiß, wie es sich anfühlt, wenn alle gegen einen zu sein scheinen. Ich verstehe mich als jemand, mit dem man sich austauschen kann, jemand, der euch sagt: Ihr seid nicht alleine und ja, es gibt glückliche binationale Beziehungen und Ehen. Es gibt aber auch viele, die scheitern. Ich versuche außerdem aus dem Alltag zu berichten, denn für einen Ägypter, der noch nie zuvor sein Land verlassen hat, ist Deutschland irgendwo eine andere Welt mit ihren schönen und hässlichen Seiten. Also nochmal für euch: Mein Wort ist nicht Gesetz! Was ich denke oder vermute oder selbst erlebt habe, muss noch lange nicht bei eurem Ägypter Gewicht haben oder genau so verlaufen. Es gibt keine richtige Antwort, ich kann das nicht wissen, was euer Schatz im Inneren vor hat. Ich bin ein Mensch, kein Algorithmus. Ich versuche, so gut es mir möglich ist, Antworten zu geben, Erklärungen zu liefern und die meisten von euch brauchen auch einfach mal jemandem zum Zuhören, der nicht sofort "Vergiss es" sagt. Ich möchte euch Mut geben, Hoffnungen machen aber euch ebenso erden, wenn ich es für nötig erachte. Jeder der mir schreibt, bekommt eine Antwort, umsonst (!). Wenn ich euch mein Buch empfehle, dann nicht, weil ich es euch anpreisen möchte, sondern weil ich denke, es könnte euch helfen, sich in den Alltag eines Ägypter einzulesen. Und das ist alles mit meinem Mann auch so durch besprochen und der wird ja wissen, wie er so lebt. Dazu kommen meine Gefühle und Gedanken, die mich die ersten zwei Jahre unserer Beziehung begleitet haben. Aber ihr werdet nie von mir hören, dass der, der meint Buch nicht kauft, auch keine Antwort auf seine Nachrichten bekommt. Ich weiß, dass ihr das wisst. Aber manche Menschen scheinen es ja wohl nicht zu wissen, deswegen wollte ich es noch einmal erklären.
Jetzt bin ich fertig für heute.
Machts gut,
eure Lorena