Als erstes möchte ich euch allen natürlich noch "
Frohe Weihnachten" wünschen.
Bei uns herrschte die vergangenen Tage ein Mix aus familiärem Zusammensein und (Fr)essen bis der Arzt kommt. Ich hatte regelrecht alle 10-15 Minuten irgendwas zu essen in der Hand und das hört noch lange nicht auf (nein, ich bin nicht schwanger).
Ab dem 01.01. hab ich mit vorgenommen, wieder auf Diät zu machen. Nein wirklich, das wird keiner dieser guten Vorsätze, die sowieso nie eingehalten werden, ich muss tatsächlich was tun und werde es auch tun! meine 8 Kilo mehr wie sonst sind immer noch das Resultat meiner Unterzuckerungen 2018. Ja, schöner Mist aber jetzt läuft ja alles besser also kann ich das "Pfunde loswerden" ab 2020 starten.
Nun aber genug dazu, euch interessiert sicherlich, wie unser Weihnachten war. Ihr wisst schon, das Fest, was er ja niemals mit mir feiern wird. Selbstverständlich, wie auch schon mit anderen Dingen, merkt Soltan immer mehr, dass das, was er immer glaubte, doch nicht wirklich zutrifft. Genau so ging es doch jedem von uns, als wir Ägypten und die Menschen dort richtig kennen lernten. Oh, das ist ja doch nicht so, wie ich dachte. Jedenfalls hat er gesehen, dass Weihnachten für uns kein religiöses Fest ist. Natürlich ist es religiösem Ursprung und ja, ich gehöre zu den Menschen, die tatsächlich wissen, wieso wir Weihnachten feiern und was dort (angeblich) geschehen ist aber für unsere Familie ist Weihnachten nur eines: Das Fest der Liebe und Familie. Wir kommen zusammen, essen gemeinsam und ja, beschenken uns. Klar könnte man jetzt darüber diskutieren, dass Weihnachten nur der Wirtschaft dient und dieser ganze materielle Zirkus mittlerweile ein wenig Überhand nimmt aber ganz ehrlich, ich beschenke so gerne andere Menschen. Soltans Meinung dazu ist, dass man immer Geschenke verteilen kann und ja, da hat er auch vollkommen recht aber dennoch ist es eben Tradition bei uns, sich zu Weihnachten zu beschenken und ich mag das, wenn die Menschen einen Herzenswunsch haben und man erfüllt ihn einfach. Wenn man die Menschen mit etwas überrascht, womit sie nicht rechnen. Gut, bei uns liegt hauptsächlich Geld im Umschlag unter dem Baum, das geb ich ja mal ganz offen zu aber dies lege ich immer direkt zu Seite und dieses Jahr wird es für unseren Disneyland Urlaub nächstes Jahr gespart.
Doch Weihnachten fängt ja auch erstmal schleichend an, für so einen Ägypter, da kommt ja nicht die ganze Peitsche auf einmal.
Schon Mitte Dezember fuhren wir gemeinsam einkaufen und besorgten verschiedene Weihnachtsdeko, die wir auch direkt im Haus verteilten. Das gefiel ihm sehr gut. Dann überraschten wir meine Oma mit einem riesigen Tannenbaum, schmückten ihn mit Lichterkette und Kugeln, was Soltan auch sehr gefiel. Er sagt, wir sollten das immer so lassen, ich ärgerte ihn und fragte, ob er bei dem Baum an Jesus denkt. Er sagte nö, wieso? Ich sagte: "Ich auch nicht." Und er verstand worauf ich hinaus wollte, denn ich sagte ihm ja die letzten Jahre schon immer: Weihnachten hat für mich nichts mit Religion zu tun.
Dann folgte der Vorgarten, den wir mit Lichterketten, einem Baum und einem Rentier schmückten. Er schaute sich fasziniert die Beleuchtung an, von uns sowie von den anderen Häusern und vor einigen Tagen sagte er zu mir: "Nächstes Jahr behängen wir auch das ganze Dach" und vorgestern sogar: "Dann lassen wir das einfach das ganze Jahr über." Den Zahn hab ich ihm aber schon gezogen, denn 1. ist es dann zu Weihnachten nicht mehr besonders, 2. denken die Nachbarn wir haben einen an der Waffel und 3. würde die Stromrechnung nicht mehr in den Briefkasten passen. Aber: Weihnachtsbeleuchtung draußen findet er also auch super.
Die Tage danach tragen wir uns mit der Familie auf dem Weihnachtsmarkt, auch so etwas hat er nie zuvor in seinem Leben gesehen. Er war begeistert, dass man überall etwas essen kann und meine Familie zeigte ihm, wie gemütlich es sein kann, zusammen an einer Hütte zu stehen und einen Glühwein zu trinken. Denn ja, tatsächlich greift er auch manchmal zum Alkohol. Ich kann ihm das auch nicht verteufeln, er selbst sagte letztens zu mir: "Ich glaube, ausschlaggebend ist das Land, in dem du lebst. Bin ich in Luxor, würde ich nie an Alkohol denken, hier trinke ich es gerne." Ich beruhigte ihn und sagte: "Es ist alles neu für dich und du willst eben alles ausprobieren. Das ist auch okay so, das macht dich nicht zu einem schlechten Mensch." Dazu muss ich sagen, dass er aktuell auch nicht betet, dennoch wird er von mir Anfang Januar einen Gebetsteppich und eine Gebetskette mit Gravur zum Geburtstag zu bekommen. Die Message dahinter ist ganz einfach: Du respektierst meine Religion und ich deine.
Und wo wir gerade bei Geschenken sind, die wollte er ja auch nicht bekommen und dennoch hat meine Familie ihm Geschenke besorgt, denn ich habe gesagt: "Ich werde ihm etwas schenken" Nicht, weil ich seine Meinung nicht respektiere oder ihn bekehren will, sondern einfach, weil ich ihn da nicht sitzen sehen kann und alle packen etwas aus und er nicht. Ich weiß, dass er nie in seinem Leben so etwas getan hat, Geschenke bekommen hat und ich erinnere mich, wie er sich gefreut hat, als ich ihm etwas zum Geburtstag ins Hotel liefern lassen habe. Da hat er schon neugierig gefragt, was er nächstes Jahr bekommen wird. Und er bekam einen Liverpool Pullover von mir, dazu einen Brief, das erwähnte ich glaube schon bei Facebook. Er las den Brief aufmerksam und ich sah es in seinen Augen glitzern. Ja, Worte gehen uns beiden sehr ans Herz und berühren uns. Ich habe ein ganz wundervolles Fotobuch von Denise bekommen und mir liefen einfach nur die Tränen, so gerührt war ich von ihren Worten und dieser Liebe, die dahinter steckt. Er bekam von meiner Schwester und meiner Oma noch ein eigenes kleines Geschenk, die anderen Geschenke bekamen wir zusammen und ja, er freute sich natürlich darüber.
Zu Essen machten wir Raclette und futterten eine gefühlte Ewigkeit. Das fand er auch spitze und meinte schon, wir müssen das unbedingt wieder machen. Ich beruhigte ihn mit der Nachricht, dass ich das zu Silvester geplant hatte.
Ihr seht also, vieles ist vorher so furchtbar und nicht machbar und dann ganz plötzlich, sieht man es mit anderen Augen, nämlich mit den eigenen. Und dieser Spruch passt auch zu mir, zu meiner Familie. Alle, die meinen Blog schon ewig verfolgen oder mein Buch "Und Dann Kam Ali" gelesen haben, die wissen, wie sehr auch mein Umfeld gegen die Beziehung war. Die wissen, wie sehr ich kämpfen musste, um emotional damit fertig zu werden, mit all den fiesen Sprüchen. Ich wusste immer, dass dieses ganze Gerede nur schwammig ist, nur, weil sie Soltan noch nicht so kennen wie ich es tat aber ich glaube ich wisst genau, wie verletzend diese Worte und Gesten sein können. Und nun, trotzt mein Vater nur so voller Stolz, wenn er mir erzählt, was andere Leute für einen guten Eindruck von Soltan haben und was für ein feiner Mann er sei. Ihr wisst, der Mann, der mir nichts bieten kann und hier in Deutschland nur die Füße hochlegen wird. Ich wünsche mir so sehr, dass viel viel mehr Leute endlich verstehen, dass man so etwas nur sagen kann, wenn man es mit eigenen Augen sieht, wenn man den Menschen kennen lernt und nicht das Bild im Kopf der Religion oder Ähnliches.
Selbst wenn 100 Menschen aus diesem Land, dieser Stadt oder dieser Religion schlecht sind, kann der 101. Mensch nichts dafür.
Ich bin so dankbar, dass ich einen so tollen Mann gefunden habe, dass ich stark geblieben bin für unsere Liebe und dass wir nun eine große, liebenswerte Familie haben, in der alle den anderen mögen und schätzen.
Ich wünsche euch allen einen Guten Rutsch ins Jahr 2020!
Eure Lolo